Transparenter Kaffeegenuss in Weimar

Die Röstbrüder


Eröffnung des neuen Cafés mit Rösterei in der Richard-Wagner-Straße: Die erste Third-Way-Rösterei Thüringens mit transparenten und fairen Handelsketten.

Es ist Mittwoch, 17.06.2020. In der Richard-Wagner-Straße in Weimar stehen ungewöhnlich viele Stühle vor einem unscheinbaren Schaufenster in der Sonne. Heute soll das Café, das gleichzeitig eine Rösterei ist, eröffnet werden. Von einer Eröffnungsfeier kann aufgrund der aktuellen Situation zwar keine Rede sein, aber es ist dennoch ein buntes Treiben vor dem Laden, während Freunde, Bekannte und Passanten neugierig Kommen und zufrieden Gehen, damit wieder Platz für die nächsten Gäste ist.

Die Röstbrüder – heißt die Rösterei von Collin und Vincent Höckendorf. „Seit zwei Jahren arbeiten wir nun schon an diesem Projekt.“, erklärt der Ältere der beiden Brüder Collin. Aus der Idee ist nun endlich Wirklichkeit geworden. Mit natürlicher Qualität von Kaffeearomen und transparenten Produktionsprozessen wollen die beiden auch ohne Innenstadtladen eine intensive Bindung zu ihrer Kundschaft aufbauen.

Ladenfläche der Röstbrüder

Collin wohnt bereits seit neun Jahren in Weimar, hat eigentlich Produktdesign studiert und ist so handwerklich begabt, dass er sich um die Inneneinrichtung gekümmert hat. Das Design ist in Kooperation mit zwei Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar im Rahmen eines Semesterprojekts entstanden. Vincent studiert offiziell noch Kognitionswissenschaften. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er in einer kleinen Kaffeerösterei in Osnabrück und kann nun von seinen Erfahrungen profitieren.

In einem kleinen Zimmer, das sich der Ladenfläche anschließt, steht der Kaffeeröster – eine große schwarze Maschine, die bei den meisten Betrachtenden lediglich Fragezeichen hervorrufen würde. Der Röster füllt fast den gesamten Raum aus und ist das Herzstück des Ladens. Es ist ein Originalstück von 1958 der Firma Probat. Fast anderthalb Jahre dauert die Aufbereitung der Maschine, sodass Collin und Vincent nun Besitzer eines Sammlerstückes sind. Dass sich die Brüder einen eigenen Röster angeschafft haben, hat einen entscheidenden Grund.

Vincent Höckendorf vor dem Röster

In der weltweiten Nachhaltigkeits- und Gerechtigkeitsdebatte ist Kaffee umstritten. Nach Erdöl, ist der Handel mit Kaffeebohnen der größte Wirtschaftszweig der Welt. Die Folge sind Monopolunternehmen, die Lieferketten und Produktionsprozesse steuern. Auch die Qualität des Kaffees leidet, da ein maschineller Röstprozess lediglich 2 Minuten in Anspruch nimmt und sich die natürlichen Aromen der Bohne nicht entfalten können. Die Idee der Röstbrüder: EINE Kaffeesorte von EINER Kaffeeplantage beziehen und die Produktion so direkt wie möglich abwickeln. Dafür sind allerdings zahlreiche Lizenzen nötig und die Lieferung kann nur bei einer großen Abnahmemenge erfolgen, die dann wieder über die Monopolfirmen erfolgt.

Es musste eine andere Lösung her. Die Röstbrüder konzentrieren sich auf kleine Zwischenhändler, die sie persönlich kennen und vertrauen auf kleine Netzwerke in ihrer unmittelbaren Umgebung. Jetzt arbeiten sie mit Menschen zusammen, die in Deutschland leben, direkten Kontakt zu ausgewählten Kaffeeplantagen in Kolumbien und Äthiopien haben und den Vertrieb hier vor Ort abwickeln. Der gesamte Prozess ist transparent, fair und erfolgt fernab der Monopolwirtschaft. Für die Kaffeebauern ein kleiner Schritt Richtung Gerechtigkeit.

Dank des hauseigenen Kaffeerösters werden die Bohnen, je nach Sorte, 8 bis 20 Minuten schonend geröstet. Die Röstbrüder experimentieren außerdem mit eigenen Röstprofilen unterschiedlicher Bohnen. Das Ergebnis sind handverlesene Kaffeevariationen, deren Produktion im Detail nachverfolgt werden kann.

Collin Höckendorf an dem Röster

Die Begeisterung für Kaffee steht für die beiden Brüder an oberster Stelle. Vor allem ginge es aber auch um die Sensibilisierung ihrer Kundschaft. „Wir wollen eine Qualität anbieten, die in den natürlichen Aromen der Kaffeebohnen ist, meistens aber aufgrund von maschinellen Produktionsketten und wirtschaftlichen Faktoren nicht ausgeschöpft wird.“ erklärt Collin.

„Wir wollten nicht nur ein neues Café in Weimar eröffnen“, betonen die beiden. „Es geht um die Kombination aus Kaffeerösterei, -zubereitung und -genuss. Es ist ein Allround-Paket und wir verstehen uns als kleinen gleichwertigen Teilprozess der Kaffeeproduktion.“

Damit ist Weimar der Standort mit der ersten Third-Way-Rösterei Thüringens mit transparenten und fairen Handelsketten.


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